so könnte man den Inhalt des Romans von Emmy von Rhoden zusammenfassen. Man läge damit auch nicht völlig neben der
Sache, täte aber dennoch der Grundidee des Buches Unrecht. Und so möchte ich hier zunächst eine Lanze für die bei
Erscheinen des Hörspiels fast 100 Jahre alte Vorlage brechen.
Die 15jährige Ilse Macket, deren Wesen von einer Mischung aus Emanzipation, Trotz und Kindlichkeit geprägt ist, wird von
ihrem Vater auf das Internat von Fräulein Raimar geschickt, um dort erzogen zu werden. Viele Erlebnisse mit ihren
Mitschülerinnen und Lehrerinnen, allen voran das einfühlsame Fräulein Güssow, lassen Ilse am Ende der Geschichte zu
einer reifen jungen Frau werden.
Kritisch muss hier sicherlich angemerkt werden, dass Ilses individuelle Wesenszüge weggeschliffen werden. Ihre ungestüme
Art, ihre Bereitschaft, alles vorbehaltlos in die Welt zu plappern, werden dabei in den Hintergrund gedrängt, um sie auf
ein braves Leben an der Seite eines Mannes vorzubereiten. Denn selbstredend waren 1883 die Moralvorstellungen in Bezug
auf ein junges Mädchen und dessen zu erwartende Lebensumstände komplett andere als in der Welt, die sich 1971 zeigte:
Anstand und Unterordnung gehörten zu obersten Prinzipien, deren Einhaltung in gewisser Weise das (gesellschaftliche)
Überleben garantierte. Darüber mag man heute denken, wie man möchte. Fakt ist aber, dass die Erziehung die Vorbereitung
auf das Leben, wie es nun einmal ist, leisten muss - heute wie gestern. Und nicht alle Einsichten, die Ilse während ihrer
Internatszeit gewinnt, haben in den erwähnten 100 Jahren an Bedeutung verloren. Dies beweist auch Fräulein Güssows
Ratschlag recht eindringlich:
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