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Erzählungen von Edgar Allan Poe


Nicht, dass er der Erste gewesen wäre, der die Gänsehaut erfunden hat, und nach ihm, von ihm haben es viele andere gelernt, Herz und Hirn in Ängste zu versetzen - unsere Aufnahme zeigt, dass er immer aller Gruselpoeten Meister geblieben ist: Edgar Allan Poe. Die Logik hat er auf seiner Seite: rasiermesserscharf und mit aller Konsequenz bis zum Schlusspunkt der Geschichte entwickelt. Und dieser Punkt müsste rot sein, blutrot.

Da ist der willensstarke, energische Mister Roderick Usher, der Held im »Untergang des Hauses Usher«. Dem, wovon er »weiß, dass es so kommen muss«, steht er ohnmächtig gegenüber. Er fällt »den Schrecken zum Opfer, die er selbst vorausempfunden hatte«. Und wir, die wir zum Zuhören gezwungen werden, die tatenlosen, fast gelähmten Zeugen, müssen, ohne eingreifen zu können, dem schreckensvollen Untergang beiwohnen.

Gnadenlos, mit mathematischer Präzision läuft auch die zweite Geschichte vom »Froschhüpfer« ab, indem der Narr sich aus seiner ursprünglichen Ohnmacht befreit, sich grausam rächt und am Ende triumphiert. Dieses innere Räderwerk seiner Geschichten macht verständlich, dass man Poe, den »Erfinder der Kurzgeschichte«, heute als den Erzvater der Detektivgeschichte feiert - und übrigens auch als Ahnherrn der amerikanischen Literatur.

Wie seine beiden Gruselgeschichten, so ist auch das Leben des Dichters Edgar Allan Poe von einem Hauch Unheimlichkeit überzogen. Er wurde 1809 als Sohn eines Schauspielerehepaares in Boston geboren. Der Vater verschwand bald, die Mutter starb bereits 1811. Ein reicher Kaufmann nahm sich seiner an; aber der nüchterne Geschäftsmann hatte an dem exzentrischen Jungen keine Freude. Das Militär sollte dem dichtenden Studenten den nötigen Halt geben; aber Poe entflieht der engen Fessel. Er wird Journalist und Schriftsteller, erlebt eine kurze Zeit des Eheglücks mit einer Kusine, der Tochter der Schwester seines Vaters. Ein Glück, das freilich durch Entbehrungen getrübt wird: Mit seinen Dichtungen hat er wechselhaften Erfolg, mit einer eigenen Zeitschrift, dem »Broadway Journalist«, erleidet er sogar Schiffbruch. Dann steht der erst Neununddreißigjährige, der um Verständnis und Anerkennung ringt, plötzlich wieder allein: Die Schwindsucht, die schon seine Mutter dahinraffte, fordert auch seine Frau.

Energie und Fleiß lähmt der Alkohol, der einzige Tröster. Zwei Jahre später, 1849, stirbt der mutlose, hochsensible Dichter - man sagt, im Delirium ...

Vierzig Jahre ist Edgar Allan Poe geworden. Dem Schrecken, den er erfunden hat, muss er selbst gegenübergestanden haben, ohne sich wehren zu können.






Der Untergang des Hauses Usher

Die Personen
(in der Reihenfolge ihres Auftretens):

Edgar Allan Poe Hans Clarin
Sir Roderick Usher Peter Folken
der Diener Michael Hinz


Froschhüpfers Rache

Die Personen
(in der Reihenfolge ihres Auftretens):

Erzähler Hans Paetsch
der König Rudolf Fenner
1. Minister Hellmut Lange
2. Minister Horst Stark
Froschhüpfer Hans Clarin
Tripetta Ingrid Andree
und Gäste



Hörspielbearbeitung: Konrad Halver
Regie: Konrad Halver





Künstlerische Gesamtleitung:
Andreas Beurmann