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Kindheit auf Gut Birtwick Park |
Kommentar von Carl Mai |
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Das Hörspiel »Black Beauty - Kindheit auf Gut Birtwick Park« vermittelt eine vornehme Atmosphäre der britischen Aristokratie, wie sie auf einem Landsitz im England des späten 19. Jahrhunderts gepflegt wurde. Der am Anfang des Hörspiels vorgetragene Dialog zwischen Lady Gordon (Marianne Kehlau) und ihrer Hausangestellten Sally (Kathrin Brigl) veranschaulicht dies auf unnachahmliche Weise. Auch die wunderschönen, klassisch anmutenden Musikpassagen vermitteln den gediegenen Stil einer im wahrsten Sinne begüterten Schicht im Viktorianischen Zeitalter, in der höhere Töchter Cembalo üben. Die ruhige Erzählweise Horst Breiters passt genau in dieses Umfeld. George (Stefan Schwade) - der Sohn Sir George Gordons und Lady Patricias - ist aus dem Internat zu Besuch auf dem Gut. Als er bei der traditionellen Hasenjagd mit seinem Pferd Rob Roy stürzt, muss dieses erschossen werden. Bald darauf zeigen seine Schwestern Flora (Gabriele Libbach) und Jessie (Christine Brigl) ihm ein Pferd auf einer nachbarlichen Koppel, das Rob Roy verblüffend ähnlich sieht. Es stellt sich heraus, dass es sich um den Bruder Rob Roys handelt. Ihre gemeinsame Mutter ist (wie im Roman) "Duchess". Das Pferd gehört dem Bauern Gray. Sir Gordon (Hans Daniel) kauft es ihm bald darauf ab. Es soll aufgrund seines schwarzen Fells und nach einer Idee Floras "Black Beauty" genannt werden. Bei der Übergabe stellt sich heraus, dass John (Ernst von Klipstein), der alte Stallmeister der Gordons, den neuen Stallmeister des Bauern - Samson O'Casey (Jochen Sehrndt) - von früher kennt. [Im Hörspiel wird O'Casey "groom", also Stallmeister genannt, abgeleitet von to groom = striegeln. Er kommt in der Romanvorlage nicht vor. John ist im Roman dagegen tatsächlich der coachman = Kutscher, da Black Beauty hier vorrangig als Kutschpferd eingesetzt wird.] Da O'Casey eine üble Vergangenheit hat, möchte John mit diesem eigentlich nichts mehr zu tun haben. Das Trinken hatte er vor Jahren aufgegeben. Black Beauty wird fortan im Stall bei den Gordons neben dem Pony Merrylegs untergebracht. George, der am folgenden Tag ins Internat zurückkehren muss, hört nachts draußen Geräusche - ebenso wie Flora. Beide beobachten John und O'Casey, die sich angetrunken am Stall aufhalten. Die Geschwister bemerken, wie John O'Casey vertreibt und trotz seines Rauschs Black Beauty versorgt und auf ihn aufpasst. Nach Georges Abfahrt kümmert sich Flora um Black Beauty und baut ein inniges Verhältnis zu ihm auf. John ist ihr Lehrer und zeigt ihr alle möglichen Tricks. Darüber fühlt sich Jessie vernachlässigt und traktiert ihr Cembalo, obwohl sie damit ihrer kranken Mutter auf die Nerven geht. Als Flora nachts mit Black Beauty einen Arzt für ihre Mutter holen muss, trifft sie wiederum auf den unangenehmen O'Casey, den sie jedoch loswerden kann. Lady Patricia kommt ins Krankenhaus. In derselben Nacht drängt Flora aufgrund ihres Erlebnisses mit O'Casey den zurückgekehrten Vater, noch einmal im Stall nach dem rechten zu schauen. Black Beauty ist fort! O'Casey hat ihn aus dem Stall geholt und will sich mit ihm davonmachen. John, der gerade aus dem Dorf zurückkehrt, kann den Dieb überwältigen. Später stellt sich heraus, dass Black Beauty nicht an die Gordons hätte verkauft werden dürfen. O'Casey hatte ihn früher bereits gestohlen und lediglich beim Bauern Gray untergestellt. Bei diesem Hörspiel wurde alles richtig gemacht. Die Auswahl der Sprecher ist äußerst gelungen, und alle haben ihren Anteil an dem stimmigen Gesamtwerk: Hans Daniel als vornehm-britisch klingender Gutsherr, Marianne Kehlau als affektiert-sensible Ehefrau, Stefan Schwade als etwas ungezügelter, aber dennoch nobel klingender Sohn, Christine Brigl als einerseits sympathische, andererseits anstrengende, kleine Schwester, Ernst von Klipstein als alter, gutherziger Stallmeister - und allen voran Gabriele Libbach, die die Rolle der reizenden Flora bereits in der als Vorlage dienenden Fernsehserie inne hatte. Die vielen Szenen in der freien Natur mit der entsprechenden Akustik machen einfach Freude! Der Titel des Hörspiels - »Kindheit auf Gut Birtwick Park« - ist zwar wohlklingend, doch irreführend, denn er suggeriert, dass entweder die Gordon-Kinder oder Black Beauty hier noch klein beziehungsweise jung sind. Doch dies ist nicht der Fall. Bei dem Cover von Hans Möller handelt es sich um eines der Besten aus dem Hörspielkatalog des Hauses EUROPA/Miller. Kuriosa: Beim Erscheinen des Hörspiels auf CD im Jahr 2003 fügte man völlig unpassende Musiken ein, die die Atmosphäre des Hörspiels zerstören. |
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