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ein Fall für
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Nachts, wenn der Feuerteufel kommt |
Kommentar von Christoph |
»Probier' doch mal was Neues!«, sagte damals mein bester Kumpel zu mir und meinte damit, ich solle auch mal einer anderen Serie eine Chance geben. »Es muss ja nicht immer die 'Gruselserie' oder 'Die drei ???' sein.« Und er hatte ja auch recht. »Versuche ich halt mal eine von den 'Blauen'«, sagte ich mir. Herausgesucht hatte ich mir eben diese Folge Nr. 12, da ich auch das Cover recht ansprechend fand. Abends im Bett wollte ich mir dann die Folge anhören, schaltete aber nach den ersten Sekunden wieder ab, da ich durch die (in meinen Augen grauenhafte) Titelmusik total enttäuscht beziehungsweise irritiert war. Was für ein Mist wurde mir hier empfohlen? Ich hätte das Ding am liebsten aus dem Fenster geworfen, hatte die MC dann aber doch erst einmal unters Bett verbannt - kein Witz. »Dann höre ich doch lieber zum hundertsten Mal 'Die drei ???'«, sagte ich mir. Auch als Zwölfjähriger möchte man schon wenigstens ein bisschen ernstgenommen werden und genau dieses Gefühl vermittelte mir mein erstes Date mit »TKKG« auf Grund dieser grottigen Titelmusik nun ganz und gar nicht. Nach etwa einer Woche hatte ich mir das Teil dann nochmal vorgekramt, die Zähne zusammengebissen und sogar dieses dämliche Lied ertragen. Alles was danach kam hat mich eigentlich nur positiv überrascht. Wirklich, ich war begeistert, da die Geschichte so ganz anders war, als alles was ich zuvor aus dem Hause EUROPA gehört hatte. Das erste Wort, was mir im (ewigen) Vergleich mit meinen drei Freunden aus Rocky Beach einfällt, ist Spontanität. Während das Material rund um Justus Jonas & Co. wesentlich steriler und geradliniger klingt, warten die Folgen von »TKKG« mit (liebevollen) Ecken und Kanten auf. Wie gesagt, alles klingt wesentlich spontaner und kommt frischer herüber. Tolle (meist) unverbrauchte Stimmen mit Wiedererkennungswert - vor allem natürlich die lustige "Quäke" von Gaby, in welche sich wahrscheinlich so mancher junge männliche Hörer verliebt hatte. Günther Dockerill als Erzähler empfand ich zunächst etwas altbacken und schnarchig - dies jedoch nur ganz zu anfangs. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, war seine stets korrekte aber auch sehr angenehme Erzählstimme eine der besten, die ich je gehört habe (R.I.P. Günther Dockerill, 1924-1988). Auch finde ich die Namen der einzelnen Sprechrollen sensationell witzig: Norbert, Helmut, Hartwig, Werner, Erich, Karlo ... echt der Brüller - so hieß doch in den 70'er Jahren schon niemand mehr. Tarzan mit seiner stets großen Klappe hat Sprüche drauf (» ... das haut den stärksten Neger aus der Weltraumkapsel ...«), die ein Justus Jonas so niemals sagen würde. Das, was ihm vielleicht an Intelligenz im Vergleich zum Großmeister aus Rocky Beach fehlt, wird durch das wandelnde Lexikon Karl Vierstein komplettiert. Karl, der Computer, weiß einfach alles, kann die Informationen oftmals nur nicht treffsicher miteinander verbinden - dafür aber wahrscheinlich bis an sein Lebensende in seinem sensationellen Langzeitgedächtnis abspeichern. Klößchen ist zwar »ein guter Typ«, kann aber rein Detektiv-technisch nicht gerade die Masse beisteuern. Dafür sorgt das Schokolade killende Dickerchen stets für gute Laune im Team. Die »Pfote« Gaby hat nicht nur »den Tarzan lieb«, sondern ist auch ansonsten die gute Seele der Vierer-Bande - und außerdem die Tochter des Kommissars, welcher fast in jeder Folge bemüht wird. Gabys Hund Oskar rundet das Bild ab und erinnert natürlich an den Hund Timmy von den »Fünf Freunden«. Auch ist es schön, mal (neben Rocky Beach oder beispielsweise Kirren Island) was aus unseren Gefilden zu hören. Wenn also beispielsweise der Bauer Fanhauser die Dorfschenke betritt, so konnte man sich dies Kopfkino-mäßig weitaus besser vorstellen, als so manche Örtlichkeit in Rocky Beach oder etwa auf der »Insel der Zombies«. Auf der anderen Seite sind viele Dinge, die damals bei »TKKG« geboten wurden, heute auch schon wieder Anachronismen - so wie es Dorfkneipen heute eben auch nur noch sehr selten gibt. Auch Karls Supergedächtnis hätte in unserer heutigen Smartphone-Zeit wohl einen weit geringeren Stellenwert. Worum es geht: Tarzan (Peter Carsten), Karl (Vierstein), Klößchen (Willi Sauerlich) und Gaby (Glockner) machen todmüde von einer langen Wanderung in einer Scheune Rast. Sie beobachten, wie jemand eine brennende Kerze ins Heu stellt, um somit zeitverzögert die Scheune in Asche zu verwandeln. Sie löschen die Kerze und können kurz darauf in der nahegelegenen Dorfschenke den vermeintlichen Brandstifter auffinden. Sie alarmieren die Polizei und Gabys Vater, Kommissar Glockner, führt den Beschuldigten ab, nachdem seltsamerweise die Scheune dennoch in Flammen aufging. Trotzdem ist man sich sicher, den Feuerteufel unschädlich gemacht zu haben. Doch man hat sich zu früh gefreut, denn die Untaten des seit Wochen gesuchten Verbrechers reißen nicht ab. Viele sind beziehungsweise machen sich verdächtig, für die zahlreichen Brände verantwortlich zu sein. Selbst Freunde und Bekannte von TKKG scheinen Interesse am "großen Feuer" zu haben - begeisterte Bombenbastler inklusive. Da viele der abgebrannten Gebäude gut versichert waren, haben die vier Freunde jedoch einen ganz bestimmten Verdacht. Die Spur führt zwar in die richtige Richtung, jedoch nicht sofort zum Ziel. Doch dann kommt Tarzan ein Geistesblitz zu Hilfe und er kann dem Feuerteufel eine Falle stellen, in die er nichtsahnend hineintappt. »Nachts, wenn der Feuerteufel kommt« ist ein sehr gelungenes, kurzweiliges und vor allem spannendes Hörspiel, welches auf den Punkt kommt - wo es zur Sache geht. Für mich damals - wie gesagt - meine erste Begegnung mit der Vierer-Bande, welche mich dann ebenfalls in ihren Bann gezogen hatte, sodass ich mich von da an auch mit »TKKG«-Kassetten eindeckte. Erwähnenswert finde ich auch die meist lustigen Cover-Artworks von Reiner Stolte, welche oftmals allein dadurch schon komisch wirken, wenn man die ungleichförmigen Proportionen betrachtet. So ist Klößchens Korpus manchmal gar dreimal breiter als Gabys. Bohnenstange Karl könnte sich hinter dem dicken Willi glatt umziehen. Traurig anmerken möchte ich noch den viel zu frühen Tod von Veronika Neugebauer, die der quirligen Gaby Glockner ihre nette Stimme verlieh. Sie starb an einer Darmkrebserkrankung und wurde nur 40 Jahre alt (R.I.P. Veronika Neugebauer, 1968-2009). Das Leben ist ungerecht. Volle Muckzahl - tolles Hörspiel! |
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