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1. Kommentar von Christoph |
Warum nur ist diese Kreatur so abgrundtief böse? Liegt es an der Ratte, die bei einem gefährlichen Experiment, bei dem es um die Persönlichkeitsübertragung geht, quasi als Sicherung zwischen zwei Probanden geschaltet wurde? Oder ist es doch eher die unglaublich kriminelle Energie sowie der äußerst zweifelhafte Charakter eines alten Wissenschaftlers, der das Böse auf Reisen schickt? Oder doch eher vielleicht eine Kombination aus beidem? Aber beginnen wir von vorn: Professor Hasquet arbeitet als Meeresbiologe in der alten Festung von Brest (in der Bretagne). Doch das ist nicht alles, was ihn interessiert. Auf der Suche nach einer Chance, den Alterungsprozess des Menschen aufzuhalten beziehungsweise zu verlangsamen, betritt der Professor auch Gebiete, die jenseits von Vernunft und Ethik liegen - ja, seine Experimente bergen sogar große Gefahren. Er versucht, mittels Elektrizität den Alterungsprozess, der seiner Überzeugung nach vor allem im Geiste (also im Gehirn) fortschreitet, zu korrigieren, indem er die Gehirnströme (Aktivitäten) eines jungen Lebewesens mit denen eines älteren vergleicht und anpasst. Dies alles scheint ihm gelungen zu sein - jedenfalls in Tierversuchen. Hier hat er mehr oder weniger erfolgreich das Wesen einer Ratte in den Körper eines Affen übertragen. Dieser musste jedoch auf Grund seiner Unberechenbarkeit nach kurzer Zeit getötet werden, da der Affe nun auch alle negativen Eigenschaften einer Ratte innehatte und somit zu einer tödlichen Gefahr für seine Umwelt wurde. Die "wesensgebende" Ratte hat dieses Experiment mit ihrem Leben bezahlt, da ihr Gehirn sozusagen gelöscht wurde. Sie war nicht mehr lebensfähig. Vorbereitet und durchgeführt hat er dieses Experiment mit Hilfe der jungen Claudine Dassot, welche während aber auch nach der Prozedur schwer mit sich und ihren Ängsten zu kämpfen hat. Und auch wenn der Professor dieses recht naiv daherkommende Geschöpf zunächst täuschen kann, so ist dem geneigten Grusel-Hörer bereits nach wenigen Minuten klar, dass Gilbert Hasquet mehr im Schilde führt, als nur mit sei Forschungen angeblich der Menschheit zu dienen. Nein, der Professor hat einen handfesten Grund für seine Forschungen, da er alt ist und ihm wohl nur noch wenige Jahre bleiben. Er will nicht, dass seine Genialität irgendwann zugrunde geht und möchte sein Genie schon bald in einem jungen Körper wissen. Hierzu erscheint, wie von einem göttlichen Gedanken entsendet, der junge Pascal auf der Bildfläche. Er ist Claudines Bruder und ist im Begriff, das Land per Schiff nach Dakar zu verlassen. Eigentlich möchte er sich nur von seiner Schwester verabschieden, welche aber auf Grund der vorangegangenen Ereignisse das Institut schon zuvor verlassen hat. Schon mit seinen Gedanken in der Ferne lässt sich Pascal dummerweise dennoch von Professor Hasquet dazu überreden, an einem "kleinen" und gänzlich für ihn ungefährlichen Experiment teilzunehmen. Der Professor scheint am Ziel seiner wissenschaftlichen Träume angelangt zu sein. Er hat das Wissen, einen arglosen Probanden (den schon bald keiner mehr vermissen wird) sowie keine Skrupel sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wie bereits im vorherigen Experiment gibt es nur einen Überlebenden - in diesem Fall der Professor in seinen ersehnten neuen und vor allem jungen Körper. Fatalerweise wurden auch ihm Eigenschaften einer Ratte zuteil, welche wiederum als Sicherung zwischen "Seelengeber" und "Seelennehmer" fungieren sollte - ein fataler Irrtum, welcher tödliche Konsequenzen zur Folge haben wird. Das Grauen geht um. »Die Nacht der Todesratte« ist eine wirklich faszinierende und vor allem interessante Geschichte. Leider wirkt sie im Vergleich zu fast allen Vorgängern der Gruselserie (bei denen es ja eigentlich immer gut zur Sache ging) etwas lahm beziehungsweise leblos. Dies liegt meiner Meinung nach nicht am Erzählstoff, sondern eher an der Auswahl der Sprecher. Richard Lauffen als seelenloser Professor macht seine Sache recht ordentlich, da sehr konsequent (im Kopfkino stelle ich ihn mir vor, wie die Person des Dr. Cordelier [Jean-Louis Barrault] aus dem Klassiker »Das Testament des Dr. Cordelier« aus dem Jahre 1959 - ein toller Film). Donata Höffer mit ihrer hohen Piepsstimme als Claudine Dassot dagegen nervt bereits nach kurzer Zeit (nur meine ganz persönliche Meinung - hier hätte ich mir eher Reinhilt Schneider gewünscht). Auch ihr Freund Henri Clement, der von Christian Mey gesprochen wird, wirkt recht blass und etwas langweilig (da hätte Pep drin sein können). Andreas von der Meden als Claudines Bruder Pascal macht dagegen wieder einiges an Boden gut. Der absolute Brüller ist jedoch die Person des Kommissars, welche von Henry Kielmann dargeboten wird. Man stelle sich vor: Das Hörspiel spielt in Frankreich und alle Sprecher mimen natürlich französische Charaktere. Nun kommt es recht lustig daher, dass lediglich der Kommissar einen französischen Akzent hat (alle anderen sprechen Hochdeutsch) - echt krass. Ein tolles Hörspiel mit ein paar Schwächen - kleiner Punktabzug - 4 Punkte. |
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2. Kommentar von Pitichinaccio |
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Nun, Francis greift mit der »Nacht der Todes-Ratte« zwar keine Idee aus einem mir bekannten Film direkt auf, aber das Konstrukt »verrückter Professor macht Experimente mit Menschen« ist an sich auch nicht wirklich originell. Immerhin, das muss man einräumen, widmet das Hörspiel gleich zu Beginn dem den Tod fürchtenden Professor Hasquet und seiner zweifelnden Assistentin Claudine ein paar überzeugende Zeilen über das Für und Wider der begonnenen Versuchsreihe, die gerade mit dem Tod eines Mischwesens aus Ratte und Affe endete. Abgang Claudine, Auftritt Pascal. Hier kommt man - zugegebenermaßen - das erste Mal in diesem Hörspiel an eine Szene, die dem Hörer doch recht viel Toleranz hinsichtlich der etwas kruden Handlung abverlangt: Pascal, der auf dem Weg nach Dakar (Westafrika!) ist, schaut nur kurz vorbei, um sich von seiner Schwester Claudine zu verabschieden. Da sie bereits fort ist, lässt er sich von Gilbert Hasquet zur Teilnahme an einem Versuch überreden. Dass Pascal hier zum Opfer des Professors werden muss und auch die als Sicherung vorgesehene Ratte nichts retten wird, ist klar. Auch, wenn es sogar einen gewissen Sinn ergibt, dass der Wissenschaftler sich eines Mannes bedient, der das Land verlassen will, setzt hier sogar die hörspielinterne Logik aus: Welcher vernünftige Mensch unterwirft sich denn einem Experiment, über dessen Gründe und Auswirkungen er keinerlei Kenntnisse hat, noch dazu im Begriff stehend, gerade eine Schiffsreise von 3.000 Seemeilen anzutreten? Wenn ich an die Winterurlaube mit meinen Eltern denke und an die Aufregung, in die mein Vater bei jedem Koffer verfiel, der noch im Auto verstaut werden musste ... wäre da jemand dazu gekommen und hätte ihn gefragt, ob er nicht schnell an einem Versuch über den Vergleich von Gehirnstrommustern teilnehmen möchte ... in dem Moment hätte sicher ein Horror-Hörspiel ganz eigener Art begonnen. Und wir wollten nur bis nach Tirol! Nein, nein, an dieser Stelle wird das Hörspiel recht unglaubwürdig, und H.G. Francis muss von nun an aufpassen, meinen ansonsten positiven Gesamteindruck nicht nachhaltig zu beschädigen Das Hörspiel überspringt die nun folgenden Ereignisse im Labor, sodass der Hörer gemeinsam mit Claudine, ihrem Verlobten Henri und dem Kommissar (der einzige Franzose, der in diesem Hörspiel einen französischen Akzent hat!) gezwungen ist, die Hintergründe um den tot aufgefundenen Professor aufzuklären. Sicher, die bisherigen Hinweise lassen keinen Zweifel offen, dass es bestimmt nicht Pascal sein wird, der sich auf den Weg in den Senegal macht, aber das kleine Detektivspiel leitet in meinen Ohren die spannendere Hälfte des Hörspiels mitreißend ein. Insbesondere Claudines Angst und Unsicherheit stellt Francis gut heraus, und die verwendete Musik, welche auf den oben genannten Erzählertext folgt, tut ihr Übriges: |
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Nun folgt allerdings wieder ein Manko in der Textvorlage. Nachdem Henri seine Verlobte in der Wohnung ihrer Eltern abgesetzt hat, trifft er auf den Kommissar, der inzwischen die Ereignisse um Professor Hasquet und Pascal aufklären konnte. Wohl wissend, dass Claudine als einzige Zeugin in höchster Gefahr sein dürfte, verwickelt der brave Beamte Henri in einen nicht enden wollenden Dialog, um diesem die Zusammenhänge zu erklären und ihn selbst auf des Rätsels Lösung kommen zu lassen. Hier hätte ich eigentlich eine Szene erwartet wie: |
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Irgendetwas in der Art. Stattdessen spielt der Kommissar 'Wer war der Täter?' mit Henri Clement, bevor beide dann - nun in noch größerer Eile - zu Claudine fahren. Dank dieser Situation ist der Professor im Körper Pascals längst bei Claudine angekommen, und nur die gerade noch rechtzeitig kommende Polizei kann ihn daran hindern, Claudine zu töten. Der panische Sprung aus dem Fenster des Hochhauses beendet das Leben dieses Geschöpfes, das den Professor und eine Ratte in sich vereinte. Die Sprecherriege kann sich hören lassen, und Richard Lauffen ist eine gute Besetzung für den nicht unsympathischen, aber gefährlichen Forscher. Donata Höffer war nur kurz bei EUROPA im Einsatz, schlägt sich aber gut. Ihr Zögern, ihre Sorge und Angst klingen überzeugend. Christian Mey ist wie immer tadellos, und Günther Ungeheuer als Erzähler der Gruselserie war ohnehin eine Idealbesetzung. Kleiner Schwank am Rande: Alle vier Künstler finden sich auch in der Produktion »Keine Hoffnung für die Baronesse?« aus der Roman-Serie wieder. Und auch dort treten Richard Lauffen und Donata Höffer gleich zu Beginn als Arzt und Assistentin auf. Die Musikauswahl gefällt mir recht gut. Dem anfänglichen Action-Modus folgt eine düstere Szenerie in den Straßen des nächtlichen Brest, was durch die Musik von Betty George (Pseudonym) adäquat untermalt wird. Fazit: eine der besseren Folgen aus der Gruselserie, welche die Bestnote auf Grund der oben erwähnten Fehler aber dann doch verpasst. |
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