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1. Kommentar von Christoph |
Ich kenne Salaün. Ich habe ihn gesehen. Zugegeben nicht Salaün persönlich, aber immerhin sein Bildnis - in Stein gemeißelt schräg über der Pforte der Kirche Notre Dame in Le Folgoët (bei Lesneven). Und nicht zuletzt diesem wunderbaren Hörspiel habe ich es zu verdanken, dass ich diese faszinierende Gegend kennengelernt habe. Auf der Suche nach einem Urlaubsziel fiel uns die Bretagne ein. Warum nicht mal gezielt nach Brignogan fahren - wurde doch dieser Ortsname im Hörspiel explizit genannt. Aber wer ist Salaün überhaupt und was gibt es Interessantes über ihn zu berichten? Salaün war ein gottgefälliger Narr - elternlos, geistig zurückgeblieben, jedoch stets gutmütig, der im 14. Jahrhundert im Wald an einer Quelle im besagten Ort Le Folgoët gelebt haben soll. Immer gut gelaunt hat er vorbeiziehende immer mit den Worten: »O itron guerhet Mari« begrüßt, was übersetzt »Gegrüßet seist du, erhabene Maria« bedeutet. Mehr kam niemals über seine Lippen. Als er mit etwa 40 Jahren verstarb, begrub man ihn im Wald nahe seiner Quelle. Sonderbarerweise wuchs aus seinem Grab eine nie gekannte Lilie auf der in goldener Schrift auf den Blättern die Worte »Ave Marie« erschienen. Daraufhin öffnete man das Grab und man stellte fest, dass diese Lilie aus seinem Munde wuchs. Daraufhin erbaute man über Salaüns Grab die Kirche Notre Dame. Salaüns Quelle entspringt unterhalb des Gotteshauses und verlässt dieses in einer kleinen Fontäne an der Außenmauer der Kirche. Dort wird auch heute noch an seine Geschichte erinnert - in Form einer Gedenktafel. Somit wurde aus dem einstigen Narren von Le Folgoët einer von insgesamt 777 Heiligen, von denen es in der Bretagne ja nur so wimmelt - genau 777 sollen es sein. Eine, wie ich finde, sehr beeindruckende Geschichte. Das Hörspiel »Dem Monster auf der blutigen Spur« ist genau an diese Legende angelehnt und ist meiner Meinung nach das "schönste" aus der Gruselserie von H.G. Francis. Worum es geht: Martin verbringt die Ferien mit seinen Eltern in der Bretagne. Er scheint in seinen jungen Jahren noch nicht allzu viel mit der reizenden Umgebung dort anzufangen können und ist froh, dass er zwei Freunde, Jean und Paul (die wohl klassischsten französischen Jungennamen überhaupt), gefunden zu haben. Diese erzählen ihm von Salaün, einem Schwachsinnigen, der am Strand in einer Felsenhöhle lebt. Dort, von seinem eigenen Vater angekettet und von allen verachtet, fristet er ein erbärmliches Leben. Dennoch besitzt er unvorstellbare Fähigkeiten, wie unbändige Kraft, die Macht der Suggestion und ein besonderes Geschick im Umgang mit der Natur. Einzigartig ist aber sein Vermögen, mit den Tieren (z.B. Möwen, Mücken, Fischen) zu kommunizieren, welche er teilweile instrumentalisiert, um seine Feinde zu "bestrafen". Jean und Paul überreden Martin, sich mit ihnen die Höhle und vor allem das "Monster" anzuschauen, obwohl sogar bereits Salaüns Anblick einen das Leben kosten könnte (»man geht ins Meer und ertränkt sich ...«). Durch ein Missgeschick gerät Martin in Salaüns Fänge, während die anderen beiden Jungen noch fliehen können. Das Monster, welches im Grunde genommen jedoch nicht böse ist, sondern vor allem auf Grund seiner Umwelt zu dem geworden ist, was es nun verkörpert, entlässt den Jungen in die Freiheit und gewinnt später sogar seine Freundschaft. Es sucht seine Nähe, denn Martin verfügt über eines, was Salaün gänzlich fehlt - Intelligenz. »Dem Monster auf der blutigen Spur«, ein liebevoll gestaltetes Hörspiel, mit tollen Sprechern, wie beispielsweise Sascha Draeger, der mit seiner gewohnt großen Klappe (man denke nur an den Tarzan von »TKKG«) wunderbar den heiteren und aufgeschlossenen Martin verkörpert. Die, wie ich finde, sehr angenehme Stimme des Erzählers Günther Ungeheuer umrahmt die fesselnde Story um Martin, Monster, Möwen, Mücken und alles andere mit "M", was mir jetzt auf die Schnelle nicht mehr eingefallen ist, perfekt. Volle Punktzahl. |
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2. Kommentar von Pitichinaccio |
Grundsätzlich bin ich ein Freund von Hörspielen, die sich auf alte Sagen gründen, weil sich in diesen Geschichten Details finden, die sich kein noch so guter Autor ausdenken könnte. Auch im vorliegenden Fall bietet die Sage um Salaün sicherlich einige dankbare Ansätze, aber der Funke mag bei mir nicht recht überspringen. Dies liegt zum einen daran, dass mir selbst als kleiner Hörer schon klar war, dass dem nervigen Martin ohnehin nichts passieren würde. Die in der Geschichte scheinbar drohende Gefahr, dass Salaün auf seinem Weg zur Notre Dame de Le Folgoët den ihn begleitenden Jungen angreifen oder gar töten könnte, war nicht sehr überzeugend - zumal sich Salaün Martin gegenüber von Anfang an sehr schuhverlässig zeigt. Auch zieht sich nach meinem Eindruck der Weg der beiden viel zu lang hin, und so stellt sich auf der zweiten Seite der LP nur noch die Frage, auf welche Art Salaün ums Leben kommt oder aber ob er sich vielleicht doch in einen Menschen zurückverwandelt. Hinzu kommt die Umsetzung im Hörspiel an sich. Martin (Sascha Draeger) ist in der Tat eine Nervensäge, ähnlich wie Hardy Kent (ebenfalls Sascha Draeger) in »Fünf Freunde (11) geraten in Schwierigkeiten«. Hätte Salaün sich des Bengels also irgendwann einmal entledigt, naja ... mein Mitleid hätte sich in Grenzen gehalten. Apropos Salaün: Die Rolle des Salaün (Peter Buchholz) ist so grobmotorisch in die übrigen Dialoge hineinmontiert, dass auch deshalb die Szenen nicht sehr überzeugend auf mich wirken. Was also bleibt? Eine mäßig spannende erste LP-Seite, auf der der Hörer vor allem die Kinder bei ihren Entdeckungen begleitet ... und eine zweite Seite, welche eigentlich nur mit der Auflösung um Salaüns Tod punkten kann. Dazwischen gibt es ein paar Strandspaziergänge und Hörspielmusik aus der guten alten Zeit. |
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