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Die Fernsehserie • Die Hörspielreihe • Die einzelnen Folgen • Und was kam nun dabei heraus? |
Die Fernsehserie |
»Mein Freund Winnetou« stellt in mehrfacher Hinsicht eine Premiere dar. Die 14teilige Fernsehserie, welche 1979 in einer Co-Produktion von Frankreich, der Schweiz und Deutschland entstand, griff zwar auf Figuren und Ereignisse aus Karl Mays Wildwest-Universum zurück (zum Beispiel Winnetou und Old Shatterhand sowie deren Blutsbruderschaft), ging aber inhaltlich neue Wege. So wich man von dem fabulierten Verhältnis zwischen Weißen und Indianern ab und versuchte, mit einer neuen Geschichte um den bekannten Indianerhäuptling und dessen Begleiter Tashunko ein realistischeres Bild der damaligen Situation Nordamerikas zu zeichnen. Zum Ausdruck kam dies auch durch die Auswahl der Drehorte in Mexiko anstatt im ehemaligen Jugoslawien. Gleichwohl griff man wieder auf den berühmtesten »Winnetou«-Darsteller Pierre Brice (1929-2015) zurück. Durch diese Besetzung wurde allerdings irrtümlich beim Publikum die Idee geweckt, man setze einfach die Tradition der alten Filme fort. Neben Pierre Brice spielte auch Ralf Wolter wie gewohnt Sam Hawkens (in der Serie: Sam Hawkins). Andere Stars aus den »Winnetou«-Filmen der 1960'er Jahre wie Lex Barker (Old Shatterhand) oder Stewart Granger (Old Surehand) waren zwischenzeitlich verstorben, sodass man Pierre Brice den deutschen Schauspieler Siegfried Rauch in der Rolle des Old Shatterhand an die Seite stellte. Der in Karl-May-Romanen oft auftauchende "komische Vogel" erscheint hier in Person von Napoléon Charbonneau, einem französischen Fotographen, den der Autor der Serie »Mein Freund Winnetou«, Jean-Claude Deret, selbst spielt. Den Soundtrack besorgte Peter Thomas. Die Ausstrahlung der Serie erfolgte in Deutschland im ZDF im Sommer 1980. Die Folgen mit jeweils 25 Minuten Spielzeit hießen:
Den roten Faden bildet die Freundschaft zwischen Winnetou und Tashunko, die sich zu Beginn der Serie kennenlernen, als Tashunko Winnetou seinen Rappen stehlen will. Anhand der nun folgenden Abenteuer wird sehr eindringlich geschildert, wie die Weißen trotz ihrer "Behörde für indianische Angelegenheiten" die Indianer betrügen, berauben, vertreiben, deren Frauen vergewaltigen und ganze Stämme töten. Anlässlich eines Mordprozesses am Ende der Geschichte wird deutlich, dass die Indianer und ihre Kultur mehr als bedroht sind und es für sie kaum noch eine Rettung geben kann. |
Die Hörspielreihe |
Eine Premiere stellte die Serie auch für das Label EUROPA dar, denn das erste Mal in der Firmengeschichte brachte man Hörspiele heraus, die keine Eigenproduktionen waren, sondern auf der Tonspur einer Serie / eines Films basierten. Was später Gang und Gäbe werden sollte, war damals ein Unikum und ein Experiment zugleich. Offenbar erhoffte man sich von den Veröffentlichungen einen ähnlichen Erfolg wie mit den Karl-May-Aufnahmen aus dem Jahre 1968. Je zwei der Fernsehfolgen wurden zu einer Hörspielfolge zusammengefasst und der Titel einer der beiden verwendeten TV-Episoden gab der jeweiligen LP / MC ihren Untertitel. Textlich wurde der Tonspur der Serie lediglich ein Erzähler (Horst Frank) beigemischt, um die Passagen zu erklären, die man ohne Bild nicht verstehen konnte. So kommt es, dass in einem EUROPA-Hörspiel plötzlich Stimmen zu hören sind, die sonst in keiner anderen Produktion des Hauses auftauchen: Christian Brückner, Thomas Piper, Wolfgang Hess, Horst Sachtleben und Manfred Lehmann - um nur einige zu nennen. Aber der aufmerksame Hörer entdeckt in kleineren Rollen auch andere namhafte Sprecher wie Norbert Gastell oder Peter Thom. Neben dem Erzähler ergänzte man die originale Tonspur um hauseigene Hörspielmusik, aber auch um klassische Stücke aus dem EUROPA-Repertoire. Vom Soundtrack der Serie beließ man nur einen Ausschnitt des Titelthemas »Mescaleros Melody«, mit dem jedes Hörspiel eingeleitet wird. Zum Einsatz kamen daneben auch die hinlänglich bekannten "Original-Indianermusik und Kriegstänze", die bereits in den »Winnetou«-Hörspielen unter der Regie von Konrad Halver, der dort auch den Winnetou sprach, zu hören waren. Der nun siebenteiligen Hörspielserie stellte man bei EUROPA eine LP mit dem Original-Soundtrack von Peter Thomas an die Seite, auf der sich auch drei Hörspielmusiken aus dem hauseigenen Repertoire finden: zwei Mundharmonika/Gitarre-Melodien, die man unter anderem bei den ersten beiden »Lederstrumpf«-Folgen mit Hellmut Lange als Untermalung verwendete sowie eine als »Verfolgungsjagd« bezeichnete dramatische Orchestermusik, die in den 1980'er Jahren oft Eingang in die EUROPA-Hörspiele fand.
Die Hörspiele versah man auf dem Cover mit Fotos aus der Fernsehserie und folgendem Klappentext: Glaubt man den eigenen Bekundungen des Hauses Miller, so war diesem ersten Vorstoß in Sachen Originalton-Hörspiel kein kommerzieller Erfolg beschieden. Offenbar war das Publikum (noch) nicht bereit, den Brückenschlag zwischen Fernsehproduktion und Hörspiel zu akzeptieren. Fraglos handelt es sich bei diesen Hörspielen um Aufnahmen des EUROPA-Kataloges, aber die Entstehungsgeschichte hebt sie sehr deutlich von den übrigen, rein hauseigenen Produktionen ab. Um beiden Faktoren Rechnung zu tragen, wird diese kleine Reihe zwar in Form dieser Kolumne, nicht aber in den anderen Übersichten dieser Seite vorgestellt. |
Die einzelnen Folgen |
Mein Freund Winnetou (1) Blutspuren |
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Mein Freund Winnetou (2) Der Zweikampf |
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Mein Freund Winnetou (3) Sam Hawkins City |
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Mein Freund Winnetou (4) Das Feuerross |
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Mein Freund Winnetou (5) Der große Kriegsrat |
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Mein Freund Winnetou (6) Die Rache der Cheyennes |
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Mein Freund Winnetou (7) Der Prozess |
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Original-Musik aus der großen Fernseh-Serie Mein Freund Winnetou |
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Und was kam nun dabei heraus? |
Das Ergebnis lässt sich nur sehr differenziert bewerten. Die Fernsehserie als solche besticht auf jeden Fall durch mehr Tiefgang als die »Winnetou«-Filme der 1960'er Jahre. Der menschenverachtende Krieg der Weißen gegen die Indianer ist hier kein Hintergrundspektakel für vordergründige Spannung, sondern zentraler Punkt der Erzählung. Dabei gelingt es, das Elend und das Leid nicht zu einem theatralischen Brei verkommen zu lassen, sondern es darzustellen, wie es zumindest gewesen sein könnte. Natürlich haftet den Helden der Geschichte, Winnetou und Old Shatterhand, immer etwas Übermenschliches an, das sie stets in die Lage versetzt, die eigenen Gefühle - und mögen sie auch noch so stark sein - im Zaume zu halten und besonnen zu handeln. Aber dies tritt zurück hinter vielen realistisch gezeichneten Figuren, die nur selten in "die Guten" und "die Bösen" einzuteilen sind. Ein kleiner Schwachpunkt ist die Figur des Tashunko, der zu Beginn immer wieder eine wichtige Rolle in den einzelnen Handlungssträngen übernimmt, aber zum Ende hin (nach dem Überfall auf das Lager der Eisenbahnarbeiter) zu einem Statisten verkommt, dessen textliche Einwürfe sich tatsächlich nur noch auf einzelne Worte beschränken. Die Hörspielfassung kann für sich in Anspruch nehmen, lange und starke Dialoge zu liefern. Hier zahlt sich natürlich die Professionalität der Synchronsprecher aus, die mit großen Namen aufwarten können. Horst Frank als Erzähler kommt nur punktuell, aber mit klugem Text zum Einsatz. Etwas irritierend ist die Tatsache, dass die Originalmusik von Peter Thomas innerhalb der Folgen offenbar komplett gestrichen und durch "EUROPA-Musik" ersetzt wurde. Mit Ausnahme der Titelmelodie findet kein einziges der Musikstücke aus der Serie, die auf der Soundtrack-LP enthalten sind, in den Hörspielen Verwendung. Zumindest aus dieser Sicht lässt sich mit der Musik-LP wenig anfangen, denn die Stücke dürften einem höchstens etwas sagen, wenn man die Serie gesehen hat und sich an die Musik noch erinnert. Zumindest ein Schmankerl hält die LP noch bereit - die als »Aufbruch zur Verfolgungsjagd« bezeichnete, höchst dramatische Nummer fand vielfache Verwendung in den EUROPA-Hörspielen, und mancher Fan wird froh sein, zumindest über diesen kleinen thematischen Umweg an das Stück gelangen zu können. Auch der Klang der gesamten Aufnahmen ist ausgezeichnet - keine Spur von Fernsehton, der das Hörvergnügen bei manch anderem Originalton-Hörspiel zunichtemachte. Und trotzdem bleibt ein nicht zu leugnender Nachgeschmack nach dem Hören. Es bedeutet eine echte Konzentrationsarbeit, dem Hörspiel folgen zu können. Viele Dinge erklären sich erst Folgen später oder erst nach mehrmaligem Hören. Oft ist nicht nachzuvollziehen, wer mit wem spricht oder wie viele Personen anwesend sind. Viele Geräusche sind nicht wirklich zuzuordnen und stören sogar manchmal das Verständnis. Und wenn man dies anmerken darf: Die Cover sind wirklich keine Einladung zum Kauf. Entweder sind die Farben total blass wie bei der Folge »Der Zweikampf« oder aber sie sind allesamt so dunkel, dass man nur schwer Konturen erkennen kann (»Die Rache der Cheyennes«). Das Übrige tut dabei der seltsam blaue Himmel, der wie ein missglücktes Bluescreen-Experiment aussieht, man nehme beispielsweise das Cover der Folge »Der große Kriegsrat«. Vielleicht war dies auch ein Grund mit, dass Käufer sich nicht in großer Zahl finden ließen. Was also tun? Nicht kaufen? Kaufen, aber nicht hören? Hören, aber nicht in die Sammlung aufnehmen? In die Sammlung aufnehmen, aber irgendwo in einer Reste-Ecke verschwinden lassen? Ich muss gestehen: klebte nicht das EUROPA-Etikett oben rechts auf den Billigcovern, die Aufnahmen wären nie in meinem Schrank gelandet. Außerdem steht heute, anders als im Produktionsjahr 1980, jedem die Möglichkeit offen, sich bei Interesse die DVDs, und somit Ton und Bild, zuzulegen - was im Ergebnis wohl der LP-Reihe vorzuziehen wäre. Eines steht jedenfalls fest: Konrad Halvers unschlagbare »Winnetou«- und »Silbersee«-Regiearbeiten müssen ihren Platz für diesen Siebenteiler plus Musik-Gimmick nicht räumen. |
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